Katholisch warum?
Unser lieber Herr Jesus Christus hat um sich zwölf
Männern berufen. Die Zahl 12 ist kein Zufall gewesen. Es hätten ja auch 11 oder
13 sein können, wenn man an den Zufall gedacht hätte; nein, es waren 12. Zwölf
deswegen, weil hier das neue Zwölf-Stämme-Volk, das neue Volk Israel herangebildet
wird. Die Zahl 12 ist ein Symbol dafür, daß sich hier ein neues Volk bildet,
das Christus sammelt, das von ihm zusammengerufen wird. Und diese zwölf Apostel
sind eben die hervorragenden Glieder, die Fürsten in diesem Zwölf-Stämme-Volk,
das da herangebildet wird.
Einer von den Jüngern hieß Simon denn so hieß er ja ursprünglich.
Jesus selbst gab Ihm einen neuen Namen. „Du sollst 'Kephas' heißen.“
Kephas, das heißt „Fels“. Und in der Gegend von Cäsarea ,im
Angesichte gewaltiger Berge, da forderte der Herr die Jünger auf, ihm zu sagen,
was die Menschen von ihm halten. Und sie brachten die Menschenmeinungen vor.
Die einen halten ihn für Johannes den Täufer, andere halten ihn für Elias, wieder
andere für Jeremias oder einer der Propheten. Das ist alles falsch gewesen. So
dachten die Menschen, denen die Gnade nicht die Augen geöffnet hatte für das
wirkliche Wesen Jesu. Deswegen fragte der Herr: „Ihr aber, für wen haltet ihr
mich?“ Da antwortet Petrus, der Sprecher der Zwölf: „Du bist Christus, der Sohn
des lebendigen Gottes.
Im Anschluß an dieses Bekenntnis hört Petrus die Worte:
„Du bist Petrus – das lateinische Wort für „Fels“ – und auf diesen Felsen will
ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht
überwältigen. Dir will ich die Schlüssel des Himmelreiches geben. Alles, was du
auf Erden binden wirst, wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du
auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein.“
In drei Bildern umschreibt der Herr Jesus Christus die Funktionen des
Petrus.
- An erster Stelle soll er der Fels sein. Fels, das ist Fundament, das ist Grundlage, und zwar eben Felsenfundament, ein Fundament, das unerschütterlich ist, und so wird gleich aus diesem Bild die Folgerung gezogen: „Die Pforten der Hölle“ – das ist also die Macht der Unterwelt, der Teufel – „wird diesen Felsen nicht überwältigen,“ d.h. nicht überwinden, nicht stürzen, nicht vernichten können. Das ist das erste Bild: Felsenfunktion wird dem Petrus zugeschrieben.
- Die zweite Funktion: Er ist Schlüsselträger. Schlüssel hat nicht bloß der Pförtner, sondern wer im alten Orient den Schlüssel hat, das ist der Hausherr. Der Schlüsselträger ist der Hausherr, und wem dann eben die Schlüssel gegeben werden und gar die Schlüssel des Himmelreiches, der ist der Hausherr des Himmelreiches, der läßt ein und der schließt aus, je nachdem, wie er seine Schlüsselgewalt betätigt.
- Außerdem, und das ist das dritte, wird ihm die Binde- und Lösegewalt übertragen. Binden und Lösen bedeutet im damaligen Sprachgebrauch, im Sprachgebrauch der Rabbiner, in der aramäischen Sprachwelt in den Bann tun und aus dem Banne lösen, erlauben und verbieten, mit Vollmacht lehren und mit Vollmacht abweisen. Das ist der Sinn von Binden und Lösen. Und diese Binde- und Lösegewalt wird dem Petrus übertragen, und zwar mit göttlicher Sanktion. Was auf Erden von ihm geschieht, das wird von Gott im Himmel bestätigt.
Auch gibt es vier Merkmale zu den beiden genannten, welche
die wahre Kirche auszeichnen. Die wahre Kirche muß nämlich einig, heilig,
katholisch und apostolisch sein.
Sie muß einig sein, d.h. die Wahrheit, die Lehre also,
die Gnadenmittel und das Oberhaupt müssen einig sein. Das gilt es bei der
katholische Kirche festzustellen. Allen Abweichungen, allen Verirrungen zum Trotz,
die Gott sei es geklagt auch in dieser Kirche vorkommen, ist diese Kirche
einig in der Lehre, einig in den Gnadenmitteln und Sakramenten, einig im Oberhaupt.
Irrlehrer verlieren automatisch die Kirchengliedschaft, so daß man also nicht
sagen kann: Aber in der katholischen Kirche wird ja auch Irriges gelehrt. Nein,
nicht in der katholischen Kirche! Wer Irriges lehrt, verliert die Kirchengliedschaft,
er ist nicht mehr Glied der Kirche. Ob das Irrige von den Bischöfen ausgesprochen
wird oder nicht, spielt keine Rolle, es ist so! Denn zur Kirchengliedschaft
gehört notwendig das Bekenntnis des wahren Glaubens. Wer sich hartnäckig vom
katholischen Glauben, auch nur von einer Wahrheit dieses Glaubens abwendet, der
geht der Kirchengliedschaft verlustig.
Diese Kirche ist heilig, d.h. sie hat die Mittel und die
Fähigkeit, die Menschen zur Heiligkeit zu führen. Ihre Lehre ist groß, erhaben
und würdig. Ihre Gnadenmittel, vor allem Bußsakrament und Eucharistie,
vermögen den Menschen zur Heiligkeit zu führen. Die evangelischen
Räte, die besonders in den Orden gelebt werden, sind vorzügliche Mittel
der Heiligung. Diese Kirche ist also fähig, Heilige heranzubilden, und
sie ist darum fruchtbar und heilig. In jeder Zeit gibt es offenkundige oder
verborgene Heilige. Wir wissen das manchmal nicht, auch wenn es in unserer
Nähe vorkommt, daß ein Mensch heroische Tugenden besitzt. Erst wenn jemand
den Schleier lüftet, der über seinem Leben liegt, da sieht man, welche Last
ein Mensch trägt, wie er sie wunderbar in der Geduld Christi trägt, wie er
aushält, so wie unser Herr ausgehalten hat, und wie er deswegen zur Heiligkeit
heranreift.
Die wahre Kirche muß katholisch sein. Katholisch heißt
soviel wie allgemein, d.h. sie muß die Absicht und die Fähigkeit haben, die
Menschen aller Zeiten und aller Zonen in sich aufzunehmen; denn der Herr
ist für alle Menschen gestorben, er lädt alle ein, sich seiner Kirche anzuschließen.
Er hat die Apostel zu allen Völkern gesandt, sie sollen alle Völker zu seinen
Jüngern machen. Und so hat es die Kirche auch getan. Sie hat die herrschsüchtigen
Römer und die geistesstolzen Griechen, die rauhen Germanen und die fremdenfeindlichen
Slawen in sich zu fassen vermocht, sie hat ihre Glaubensboten ausgesandt
in alle Kontinente, von Australien bis in die Arktis, und überall ist es
ihr gelungen, Menschen für sich zu gewinnen, so daß aus der virtuellen
Katholizität die aktuelle Katholizität geworden ist.
Die wahre Kirche ist apostolisch, d.h. sie stammt aus
den Zeiten der Apostel. Ihre Einrichtung ist im wesentlichen dieselbe
wie zur Zeit der Apostel, und ihre Vorsteher hängen mit den Aposteln als
ihre Nachfolger zusammen wie die Glieder einer Kette. Eben das ist bei der
katholischen Kirche, und in vollem Sinne nur – nur! – bei der katholischen
Kirche der Fall. Sie stammt aus der Zeit der Apostel. Sie hat das apostolische
Erbe bewahrt. Ihre Bischöfe stehen in der apostolischen Sukzession, sind
deswegen die Nachfolger der Apostel. Alle anderen sind von ihr abgespalten,
haben selbstverständlich aus diesem goldhaltigen Berg Goldgüter mitgenommen,
das sind die Spuren der Kirche. Aber es gibt nur eine wahre Kirche, und das
ist die katholische!
Ein berühmter Konvertit des vorigen Jahrhunderts,
nämlich der Graf Stollberg, der vom evangelischen Glauben zur katholischen
Kirche übergetreten ist, wurde einmal wegen seiner Konversion von Protestanten
zur Rede gestellt. Einer sagte zu ihm: „Man wechselt seine Religion nicht!“
„Sie haben ganz recht,“ sagte Stollberg zu ihm, „man wechselt seine Religion
nicht. Wenn meine Vorfahren nicht von der katholischen Kirche abgefallen
wären, hätte ich nicht in sie zurückzukehren brauchen.“